Beschwerden gegen Bürgerwindpark häufen sich
Auf Julia Morelles Schreibtisch stapeln sich die Beschwerden aus Schuttertal gegen den Bürgerwindpark »Südliche Ortenau«. Die Leiterin des Amtes für Gewerbeaufsicht, Immissionsschutz und Abfallrecht hat sich jetzt mit einem offenen Brief an die Menschen gewandt, die sich beschweren.
Die sieben Rotoren auf dem Höhenzug oberhab der Gemeinden Schuttertal, Ettenheim und Seelbach gehörten von Anfang an zu einem der umstrittensten Windkraftprojekte in der Ortenau. Das hat sich auch nicht geändert, seitdem der Bürgerwindpark »Südliche Ortenau« im Sommer 2016 in Betrieb gegangen ist. »Ich habe mich seitdem nur noch mit diesem Thema beschäftigt«, sagt Julia Morelle, Leiterin des Amtes für Gewerbeaufsicht, Immissionsschutz und Abfallrecht. Es sind vor allem die Geräusche, die die Anlage produziert, an denen sich die Bürger stören.
Auffällig: »Aus Ettenheim und Seelbach sind sind bisher noch keine Beschwerden gekommen«, stellt Nikolas Stoermer, erster Landesbeamter im Ortenaukreis, fest. Aus Schuttertal kommen dagegen sehr viele Beschwerden. Dort gibt es auch die »Bürgerinitiative Pro Schuttertal« gegen den Windpark.
Morelle hat reagiert und einen siebenseitigen offenen Brief an die Menschen geschrieben, die sich beschwert haben. Sie erklärt darin ausführlich, was ihre Behörde tut, um sicherzustellen, dass die Anlage im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben funktioniert.
Lärm
Nachts laufen drei der Rotoren gar nicht und die anderen vier im lärmreduzierten Betrieb, sprich mit verminderter Leistung. Der Grund dafür sind zwei Lärmmessungen. Die erste hat das Landratsamt Anfang November durchgeführt und dabei Impulshaltigkeiten, also Geräusche, bei denen sich periodisch die Lautstärke ändert, festgestellt. Die würden als Wummern wahrgenommen so Morelle.
Bei einer Messung des Ingenieurbüros Kötter Consulting Engineers trat das Wummern zwar nicht auf, wie Morelle erläutert. Dafür seien in der Nacht aber die Richtwerte überschritten worden.
Trotz des stark reduzierten Nachtbetriebs habe sich an den Beschwerden nicht viel geändert, erklärt Morelle. Außerdem gebe es wieder verstärkt Beschwerden zum Tagbetrieb. Das reiche aber für die Verwaltung nicht aus, um wieder tätig zu werden.
Das Problem: Bei der zweiten Messung hätten andere Bedingungen geherrscht als bei der ersten. Deshalb verlangt das Landratsamt eine neue Messung. Bis die aber möglich ist, kann es noch dauern.
Sollte sich dann herausstellen, dass die Grenzwerte trotzdem nicht eingehalten werden, »müssten wir reagieren«, erklärt die Amtsleiterin. Das könnte im Extremfall auch eine teilweise oder vollständige Einstellung des Betriebs bedeuten, erklärt sie auf Nachfrage. »Momentan ist das aber nicht zu erwarten.«
Für die Bürger, die sich gegen die Anlage wehren, hat Morelle teilweise sogar Verständnis. Sie empfinde teils echte Betroffenheit. Es sei für manche Bürger auf Dauer schwer vorstellbar, damit jetzt leben zu müssen, gibt sie zu.
Bei allem Verständnis sind Morelle aber die Hände gebunden. Sie ist an die Vorgaben des deutschen Immissionsschutzrechts gebunden. Bei der Initiative zeigt man sich indes realistisch. »Wir können nicht erzwingen, dass der Windpark seinen Betrieb einstellen muss. Der Zug ist abgefahren«, erklärt Jürgen Jensen, Sprecher der Initiative. Jetzt zähle die Einhaltung der Grenzwerte.
Eiswurf
Auf den Rotorblättern bildet sich bei Minusgraden Eis. Die Anlage schaltet dann automatisch ab. Das Risiko, von weggeschleudertem Eis getroffen zu werden, sei sehr gering, macht Marcus Brian, Sprecher von Green City Energy, der Betreiberfirma des Windparks, deutlich. Deshalb war in den Wintermonaten eigentlich eine Wegesperrung rund um die Anlage vorgesehen. Dagegen habe aber Green City Energy erfolgreich Einspruch eingelegt, so Morelle. Deshalb warnen Schilder vor der Gefahr.
Seit Jahresbeginn sind bei Morelle zwei Meldungen über Eiswurf eingegangen. Jensen fordert deshalb, die Wege rund um den Park zu sperren. Dazu könnte es durchaus kommen. »Ob die Risikobewertung nach den Eisfunden neu erfolgen muss und zu einem anderen Ergebnis kommt, wird derzeit geprüft«, heißt es in dem offenen Brief.
Turbulenzen
Jensen schickte der Mittelbadischen Presse nach dem Gespräch ein Gutachten der Prüforganisation TÜV Süd, in Auftrag gegeben von Green Energy, das besagt, die Turbulenzen seien an der Anlage zu groß. Er äußert deshalb Zweifel an der Standsicherheit und kommt zu dem Schluss: »Die Anlage hätte nicht gebaut werden dürfen.« Die Expertin aus dem Landratsamt kennt den Bericht, verweist aber darauf, dass der Prüfstatiker ergänzende Untersuchungen eingefordert und die Standsicherheit bestätigt habe.