Lückenhafter Vorstoß
Oberkirch. Es war am 18. April, als das Landratsamt in Offenburg die Existenz von 30 möglichen neuen Standorten für insgesamt 45 Windräder im Ortenaukreis bekannt gab. Der aktuellen Kartierung zufolge wird es den Gemeinden im Renchtal demnach schwerfallen, Windkraftanlagen auf ihren Gemarkungen genehmigt zu bekommen. Natur- und Vogelschutzgebiete, aber auch touristische Belange könnten Stolpersteine für eventuelle Vorhaben sein.
»Wir haben nicht die Flächen vorgeschlagen, sondern uns bei den Gemeinden umgehört«, präzisiert Nikolas Stoermer, Erster Landesbeamter, das Vorgehen seiner Mitarbeiter. Den von einigen Rathauschefs unter vorgehaltener Hand geäußerten Vorwurf, das Landratsamt greife damit bevormundend in die ab Jahresende alleine bei den Kommunen liegende Planungshoheit über die Ausweisung neuer Standorte für Windkraftanlagen ein, weist er von sich. »Wir wollen lediglich einen Hinweis darauf geben, wo es weniger Genehmigungshürden gibt«, stellt Stoermer klar. Die Hürden sieht das Landratsamt unter anderem dort, wo es »touristische Anliegen« gibt. Schließlich stelle jedes Windrad einen Eingriff in das Landschaftsbild dar, meint Stoermer und unterstreicht: »Uns ist es wichtig, dass die Anlagen auch wirtschaftlich sind.«Den Renchtalgemeinden, die sich Windräder auf den ertragreichen Höhenrücken vorstellen können, allen vorweg Bad Peterstal-Griesbach, sind die Genehmigungsprobleme indes hinreichend bekannt. »Wir kennen die Schutzgebietseinteilungen«, zeigt sich Bad Peterstal-Griesbachs Bürgermeister Meinrad Baumann über die unerwartete Beihilfe durch das Landratsamt überrascht. Und auch darüber, dass sich das Landratsamt »zum jetzigen Zeitpunkt bereits in der Lage sieht, einzelne Standorte als leicht genehmigungsfähig auszuweisen«. Die durch die Energiewende auf die Gemeinden zukommenden Planungsverfahren will er gemeinsam mit den Nachbarkommunen angehen, um sich gegenseitig nicht in die Quere zu kommen. Das Landratsamt spiele dabei keine Rolle. Angebot an Kommunen»Man kann die Informationen des Landratsamtes natürlich auch als Angebot an die Kommunen verstehen, sich Gedanken über mögliche Planungen zu machen«, meint Baumann. Allerdings hatten sich die potenziellen Windkraft-Gemeinden diese Gedanken schon lange gemacht, bevor das Landratsamt auf die Idee kam, eine Einteilung zu erstellen.Allen Genehmigungshürden zum Trotz befasst sich für die Renchtalgemeinden bereits seit Längerem das in Freiburg ansässige Planungsbüro Fischer mit den Voruntersuchungen. »Für die ist es nicht von Belang, was das Landratsamt macht«, erklärt Fabian Just, Projektleiter Windenergie bei der Firma Schmalz. Das Büro Fischer, das von der Verwaltungsgemeinschaft Oberkirch, Renchen und Lautenbach sowie von Oppenau und Bad Peterstal-Griesbach mit den Voruntersuchungen geeigneter Standorte beauftragt wurde, habe sich bereits »unheimlich engagiert« an die Arbeit gemacht.Durchweg positiv stuft Peter Bercher, Leiter des Oberkircher Stadtbauamts, die Initiative des Landratsamts ein. »Was das Landratsamt anbietet, ist eine erste Orientierung, wo es windhöffige Standorte gibt«, sagt er. Demgegenüber stünden immense Ausschlusskriterien. Im Bereich Moos gebe es starke Eingrenzungen bezüglich des Auerhuhnschutzes. »Uns stellt sich die Frage, wie der Naturschutz mit der Nutzung der Windkraft einhergeht«, betont Bercher. Diese entscheidenden Karten müssten noch von der Landesforstanstalt geliefert werden. Dann erst könne das Thema auch im Gemeinderat behandelt werden, vielleicht schon ab Juli.
Kommentar
Störfeuer aus dem AmtMit der Farbenlehre, dass orange markierte Flächen schwieriger zu genehmigen sind als rot gekennzeichnete, stellt das Landratsamt die vom Ampelsystem bekannte Logik auf den Kopf. Damit erschöpft sich aber auch schon die Innovationskraft des Landratsamts beim Ausweisen neuer Standorte für Windräder – wofür die Behörde ohnehin nicht zuständig ist. Ein grüner Punkt auf der Karte signalisiert nun »Vorsicht, touristische Aspekte spielen hier eine Rolle«. Damit stellt sich das Landratsamt ohne Not auf die Seite derer, die Windräder als störend für die Schwarzwaldkulisse empfinden. Der öffentlich propagierte Nutzwert für Windradplaner erweist sich somit als Bärendienst. Tatsächlich schüren die orangenen Punkte erst die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber Windrädern. Das Landratsamt hätte gut daran getan, die gerade erst zu den Akten gelegten Vorrang- und Ausschlussgebiete nicht indirekt wieder aus der Schublade zu holen.@ Wie ist Ihre Meinung? Schreiben Sie ansimon.allgeier@reiff.de